Verachtung ist ein sehr intensives soziales Gefühl, welches eng mit
Ekel zusammenhängt. Es entsteht immer dann, wenn wir einen
an-
deren Menschen so bewerten, dass er unseren grundlegenden
Norm- und Moralvorstellungen nicht entspricht und wir der Meinung
sind, dass er dies nicht einsieht. Andererseits stellen wir
denjenigen, den wir verachten außerhalb un-
serer eigenen Norm –
und unserer Moralvorstellungen. Für diesen Menschen gel-
ten dann
andere Regeln: Er „zählt nicht“.
Diese Verachtung kann für den Betroffenen tödliche Folgen haben; die
Geschichte ist voll von grausamen Beispielen. Dennoch ist es wichtig
und manchmal hilfreich, sich damit auseinanderzusetzen.
Menschen in sozialen Gemeinschaften sind darauf angewiesen, dass die grundlegenden moralischen Gebote (Tötungsverbot, Inzestverbot, Eigentumssicherung usw.) von allen anderen geteilt und eingehalten werden. In aller Regel sorgen Schuldgefühle, Scham oder die Angst vor Strafe dafür, dass dies auch geschieht. Schätzen wir jedoch andere Menschen (oder Menschengruppen) als „amoralisch“ und „schamlos“ ein, so fühlen wir uns existenziell bedroht und aktivieren das Gefühl der „Verachtung“. Dieses Gefühl ist weitgreifender als etwa Wut oder Hass. Es zielt darauf, den Betreffenden und eventuell diejenigen, die mit ihm „verwandt“ sind, aus unserer Gemeinschaft auszuschließen und eventuell zu vernichten.
Nun gibt es Menschen, die sich selbst verachten. Dies hängt mit häufig sehr einschneidenden biographischen Erfahrungen zusammen. Viele erleben sich in Folge dessen selbst als „beschmutzt“, “ekelhaft“, „amoralisch“ oder „nicht lebenswert“. Die Folge ist ein intensiver Selbsthass, einhergehend mit dem Wunsch, sich selbst zu vernichten. Dieser Drang tritt insbesondere dann auf, wenn die Betreffenden es „wagen“, gegen das Schamgefühl zu handeln, und versuchen, ihre soziale Attraktivität zu steigern oder sich selbst etwas „Gutes“ zu tun.
Typische Auslöser und Interpretationen
Man kann Verachtung als „soziales Ekelgefühl“ bezeichnen, gespeist von der Vorstellung,
„besudelt“, „angesteckt“ oder beschädigt zu werden von jemandem, der die eigenen moralischen
Vorstellungen nicht teilt. Die Auslöser für Verachtung sind daher sehr kulturell bestimmt.
So entsteht beispielsweise „Verachtung“, wenn wir beobachten oder davon hören, wie
die Würde eines Menschen verletzt wird. Das trifft nicht nur auf den „Angreifer“ zu, sondern
manchmal auch auf das Opfer. Manche Menschen oder Kulturen haben die Tendenz, Schwäche,
Unterlegenheit oder Unterwürfi gkeit zu verachten; manche Menschen und Kulturen tendieren
eher dazu, Despotismus, Verrat, Missbrauch, Rassismus oder anderen Grausamkeiten
zu verachten.
Selbstverachtung
wird immer dann aktiviert, wenn wir uns selbst als „minderwertig“, „besudelt“,
„blöd“ oder „lebensunwert“ einschätzen, also uns schuldig fühlen oder schämen und uns
dagegen wehren, also uns nicht damit abfi nden wollen, sondern daran zweifeln und „entgegengesetzt“
zu handeln beginnen. Borderline-Patientinnen erleben dann manchmal sehr abwertende,
verachtende „innere Stimmen“.
Quelle: Interaktives SkillsTraining
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen